„Eine galoppierende Entchristlichung der Gesellschaft“ – ZdK-Präsident Thomas Sternberg referierte bei den Dr. Helmut-Kohl-Saal-Gesprächen der CDU Remscheid

Von Ansgar Lange

Professor Dr. Dr. Thomas Sternberg würdigte im Rahmen seines Vortrags über die Bedeutung des C im Namen der Partei den verstorbenen Altkanzler und Namenspatron der Dr. Helmut-Kohl-Saal-Gespräche. Kohl, so der frisch wiedergewählte Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sei ein sehr frommer Mann und ein überzeugter Europäer gewesen. In der Rückschau betrachte man ihn aber fast ausschließlich als „Kanzler der deutschen Einheit“.

„Wir sind Zeuge einer galoppierenden Entchristlichung der Gesellschaft“, konstatierte Sternberg. Wenn man in Leipzig sage  man sei „normal“, meine man konfessionslos. Im Rheinland habe man lange Zeit darunter das Katholischsein gefasst. Wie tritt man als Christ beziehungsweise als Politiker evangelischer oder katholischer Konfession auf? Der Referent machte Mut, dass Christen weiterhin gebraucht würden. Ihr Beitrag zur Wertebildung sei unerlässlich. Der Rechtsgrundsatz, dass die Würde des Menschen unantastbar sei, könnte ohne Christen ausgehöhlt werden.

Auch wenn die Christen beider Konfessionen in ein paar Jahren nur noch weniger als 50 Prozent der Gesellschaft ausmachen könnten, warnte Sternberg davor, dass sie sich nicht ins Schneckenhaus verkriechen sollten. Er erinnerte daran, dass Europa durch die Staatsmänner Konrad Adenauer, Alcide de Gasperi und Robert Schuman ein genuin christliches Projekt gewesen sei. Dies gerade heute oft in Vergessenheit, weil die Politiker in Europa, die sich gerne auf das christliche Abendland berufen, nicht unbedingt die Ideale der drei genannten großen Persönlichkeiten teilen.

Sternberg plädierte für einen humanen Umgang mit Flüchtlingen. Die Fluchtbewegungen der letzten Jahre seien ein „Rendezvous mit der Globalisierung“ (Wolfgang Schäuble) gewesen. Die Migrationsfrage, so der frühere CDU-Landtagsabgeordnete aus Münster, könne nur „im Rahmen der internationalen Gerechtigkeit diskutiert werden“.

Er geißelte Vorurteile gegenüber dem Islam und grenzte sich scharf von Positionen ab, wie sie zum Beispiel von AfD-Politikern vertreten werden: dass der Islam nämlich eine totalitäre Ideologie und keine Religion sei. Kein Christ kann solche Thesen teilen. Und kein christlicher Politiker darf sie vertreten. Der ZDK-Präsident kritisierte, dass die Begriffe Islam, Terrorismus und Flüchtlinge zu häufig in einen Topf geworfen würden. Hier täte Differenzierung not. Er habe die Sorge, dass sich eine aggressive Stimmung gegen den Islam breit mache, die den Frieden gefährde.

Den anwesenden CDU-Mitgliedern und Vertretern der Kirchen gab Sternberg mit auf den Weg, dass sich katholische und evangelische Christen verstärkt gemeinsam äußern sollten. Man solle partnerschaftlich und nicht autoritär auftreten.

In Deutschland, so der Referent, bestehe kein Laizismus. Das Grundgesetz sei religionsfreundlich, nicht christentumsfreundlich. Am Ende brachte der einladende CDU-Politiker Jens Nettekoven ein Beispiel für die „galoppierende Entchristlichung unserer Gesellschaft“.  Seine CDU-Fraktion im Rat der Stadt Remscheid hatte vor kurzem den Antrag gestellt, dass der Oberbürgermeister jedes Jahr auch zu einer Weihnachtsfeier als Zeichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs einladen möge – so wie er dies zum muslimischen Fastenbrechen und zu einem Arbeitnehmerempfang auch schon tue. Fassungslos mussten die Remscheider Christdemokraten feststellen, dass die knappe Mehrheit des Rates dies anders sah. Sie stimmten gegen den Antrag und damit gegen eine Weihnachtsfeier im Rathaus Remscheid. Hier war man wieder beim Thema: „Die galoppierende Entchristlichung unserer Gesellschaft“.

 

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