Es überrascht, dass ausgerechnet ein früherer Feuilletonchef der linksliberalen
Wochenzeitung DIE ZEIT „Bekenntnisse eines Konservativen“ vorlegt. Der Autor hat seinem Bekenntnisbuch überdies den Titel „Heimatlos“ gegeben, weil er der Meinung ist, in den politischen Parteien würden sich Konservative nicht mehr wiederfinden.

 

 
Hier kann man sicher auch anderer Meinung sein. Trotzdem schmälert dies nicht den Genuss der Lektüre. Greiner beschreibt seine persönliche Haltung, die er im Laufe der Jahre eingenommen hat. Er definiert sich als katholischer Konservativer. Und dies macht schon immun gegen die neuen rechten Gruppierungen, die Greiner zurecht als neuheidnisch beschreibt und die sich selten oder gar nicht mehr auf das Christentum berufen.
Es wäre nicht angemessen, ein Programm des christlich begründeten
Konservatismus zu entwickeln. Denn der Konservative ist eher theoriefaul. „So ist meine konservative Haltung kein politisches Programm, sondern eher ein
Lebensgefühl“, schreibt der Literaturkritiker Greiner. 

Greiners Konservatismus ist auch nicht deutschnational, sondern beruft sich – man hat dies lange so nicht mehr vernommen – auf das „christliche Abendland“. Der Autor zeigt, dass die kulturelle Tradition des Christentums in unserem Land „derart alltäglich und selbstverständlich ist, dass sie vielen gar nicht mehr bewusst ist“.
Greiner wendet sich unter Berufung auf die Tradition des christlichen Abendlandes gegen jeglichen Kulturrelativismus, „dessen einziges Credo ein Anpassungsdenken ist“: „Es ist kein geringer Unterschied, dass die eine Religion von einem gekreuzigten Wanderprediger gegründet wurde und die andere von einem kriegführenden Kaufmann.“
 
In eleganter und leichtfüßiger Prosa berührt Greiner diverse Themen. Es geht um die konservative Wende, seine Abkehr von linken Ideen, die Frage der deutschen Identität, die Flüchtlingspolitik, die Sozialpolitik, die längst zu einem Diktat der Fürsorge geworden sei etc.
Als katholischer Christ und Kirchgänger liest man folgende Passage mit großer
Zustimmung: „Der Versuch, eine persönliche Gottesbeziehung dadurch scheinbar zu erleichtern, dass man eine alltägliche, jedermann vertraute Sprache verwendet, ist mir ein Graus. Er kriegt leicht etwas Kindergartenhaftes, und wenn ich bei den Fürbitten, die in der Regel von Gemeindemitgliedern formuliert werden, die gestrige ‚Tagesschau‘ gespiegelt finde, sehne ich mich nach der alten Liturgie zurück, in der nur lateinisch gesprochen wurde.“
 
Greiners kultivierter katholischer Konservatismus ist ein gutes Gegengift gegen
verbiesterten grünlich linken „Anpassungsmoralismus“ (Greiner) und humorloses teutonisches neurechtes Denken und Schreiben. Wer gänzlich anderer Meinung als der Autor ist, kann sich wenigstens an seinen zugespitzten Thesen und seiner Meinungsfreudigkeit reiben.
 
Ulrich Greiner: Heimatlos. Bekenntnisse eines Konservativen. Rowohlt Verlag:
Reinbek bei Hamburg 2017. 158 Seiten, 19,95 Euro.

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