Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Solingen Hbf – Remscheid Hbf – Wuppertal-Oberbarmen

Antrag zur Sitzung des Rates am 22.11.2018:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mast-Weisz,

die Fraktionen und Gruppen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, FDP und W.i.R. bitten Sie folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Ratssitzung am 22.11.2018 zu nehmen:

Der Rat beauftragt den Oberbürgermeister (und die Remscheider Vertreterinnen und Vertreter in überörtlichen Gremien, wie dem VRR, der BSW etc.), sich bei den zuständigen Stellen des Bundes, des Landes, der Verkehrsverbünde und der Verkehrsunternehmen dafür einzusetzen, die An- und Einbindungen von Remscheid in den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) durch eine baldmögliche Elektrifizierung der obigen Eisenbahnstrecke zu verbessern. Unabhängig davon möchten wir die Umsetzung der Direktverbindungen nach Düsseldorf und Köln.

Um die Realisierung zu erleichtern, wird vorgeschlagen zu prüfen,

1.     ob die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Solingen-Remscheid-Wuppertal auch in Form einer Teilelektrifizierung (z.B. unter Aussparung des Streckenabschnitts Solingen-Mitte – Remscheid Hbf und/oder der Müngstener Brücke) sinnvoll und möglich wäre und welche – batterieelektrisch betriebenen – Fahrzeuge hierzu zur Verfügung stehen könnten, und

2.     ob die Elektrifizierung der Müngstener Brücke durch eine seitliche Stromschiene, wie sie z.B. bei den S-Bahn-Netzen von Berlin und Hamburg Verwendung findet, machbar und mit wirtschaftlichen sowie auch ökologischen Vorteilen (z.B. geringere Eingriffe in die Landschaft) verbunden wäre.

Eine baldige Prüfung dieser Frage in Zusammenarbeit mit den Finanziers und Anbietern des SPNV erscheint notwendig, um die Beschaffung von Fahrzeugen auf die Nutzung eines derartigen Stromversorgungssystems auszurichten. In die Prüfung sollte einbezogen werden, welche auf dem Markt vorhandenen bzw. geeigneten batteriebetriebenen Schienenfahrzeuge oder vergleichbare Betriebskonzepte (z.B. Einsatz von Super- CAPS) angeboten werden, die einen elektrischen Betrieb der in Betreff genannten Eisenbahnstrecke ohne Voll-Elektrifizierung der Strecke selbst ermöglichen würde.






Begründung:

1.     Es ist offensichtlich, dass viele Berufspendlerinnen und –pendler aus und nach Remscheid, den Haltepunkt Solingen Hbf (Solingen-Ohligs) zum Umstieg nutzen. Umstiege erschweren die Eisenbahnnutzung und damit die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) insgesamt. Sie kosten Zeit, insbesondere bei Verspätungen verlängern sie die Reisezeit. Sie sind unbequem und bei schlechter Witterung unangenehm.

2.     Nicht nur beim Kraftfahrzeugverkehr, sondern auch bei anderen Verkehrsträgern gibt es Einsparpotenziale bei CO2-Ausstoß und Luftschadstoffen. So sind auch in NRW zahlreiche Bahnstrecken noch nicht elektrifiziert (in Deutschland sind es rund 40% des Streckennetzes, wobei 90% aller nicht elektrifizierten Strecken kürzer als 70 km sind). Auch die Städte des Bergischen Landes leiden unter zu einem zu hohen Schadstoffmix. Eine Elektrifizierung einer sie verbindenden Eisenbahnstrecke (Länge: 36 km) würde auch ihren Beitrag zur Stickoxid-und CO2-Minderung beisteuern. Und sie würden neben den Umwelt- und Klimaschutzaspekten auch wesentlich zur Lärmminderung, Qualitäts- und Leistungssteigerung sowie zur Akzeptanz des ÖPNV beitragen. Elektromotoren sind deutlich leiser und leitungsfähiger und können dadurch Fahrzeiten verringern sowie die Streckenauslastung verbessern. Und dies wiederum kann sich auch auf die Pünktlichkeit des Gesamtsystems auswirken.

3.     Für die Attraktivität einer Stadt als Wohn- und Wirtschaftsstandort ist die verkehrliche Anbindung an das Umland von ausschlaggebender Bedeutung.

Der Schwerpunkt des Investitionsgeschehens rund um den SPNV in NRW liegt derzeit beim RRX-Express. Von diesem Zugsystem wird Remscheid aber nicht erfasst. Während in Remscheid im Wesentlichen nur wenige Maßnahmen an Bahnhöfen und Haltepunkten durchgeführt wurden, werden in anderen Regionen entscheidende Verbesserungen des Zugangebots vorbereitet, z.B. auch bei den S-Bahnen rund um Köln. Remscheid fällt hier im Vergleich zurück.

Außerdem drohen für 2019/2020 neben Einschränkungen bei der Anbindung an das IC/ICE-Netz auch Einschränkungen bei der Pünktlichkeit des SPNV, wenn auf der Verbindung Köln – Solingen – Wuppertal – Hagen ein ICE-Sprinter eingesetzt werden soll, der um seinen Takt einzuhalten, Nahverkehrsverbindungen überholen oder gar zu Pausen zwingen müsste.

4.     Ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung des Angebots wäre perspektivisch das Verknüpfen der verschiedenen, das Bergische Land berührende Nahverkehrs-Eisenbahnlinien, um zusätzliche Direktverbindungen zu schaffen, z.B. auf der Verkehrsbeziehung Köln – Leverkusen-Opladen – Solingen – Remscheid – Wuppertal-Oberbarmen – Hagen – Dortmund.

Eine stärkere Verknüpfung der Städte Remscheid und Solingen mit dem Zugangebot auf den anderen Strecken der Region ist nur möglich, wenn überall elektrisch betriebene Fahrzeuge eingesetzt werden. Es ist kaum vorstellbar, dass die Auftraggeber des SPNV in NRW die Nutzung von Eisenbahnfahrzeugen mit Vergaserantrieb ausweiten und ggf. für bisher elektrisch betriebene Strecken wieder Züge mit Verbrennungsmotoren bestellen.

5.     Im VRR-Nahverkehrsplan 2017 werden an einigen Stellen Aussagen in Bezug auf den SPNV und die Elektrifizierung in und um Remscheid gemacht.

Zur Strecke Solingen – Remscheid – Wuppertal stellt der Nahverkehrsplan 2017 (s. 110) fest: Aufgrund zahlreicher Störungen der technischen Infrastruktur auf dieser Strecke ist es in der Vergangenheit wiederholt zu massiven Beeinträchtigungen im Fahrbetrieb gekommen (häufiger SEV). Allein die Sanierung der Müngstener Brücke zwischen Remscheid und Solingen hat dazu geführt, dass der Betrieb der Linie zum Teil über Monate nur mit sehr starken Einschränkungen durchgeführt werden konnte. Ein weiteres Defizit stellt die fehlende Elektrifizierung der Strecke dar, die aufgrund sehr hoher Investitionskosten durch den VRR nicht weiter verfolgt wird. Der VRR sieht zudem den Bedarf, die Städte Remscheid und Solingen besser an die Oberzentren Düsseldorf und Köln anzubinden.

6.     In der Tabelle 2-17 des VRR-Nahverkehrsplans 2017 sind die Elektrifizierungsmaßnahmen im VRR aufgeführt, wie sie im SPNV-Beirat NRW erarbeitet wurden (S. 148: Für die Strecke Solingen – Remscheid – Wuppertal wird eine Verbesserung der Betriebsqualität und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit (Ermöglichung der Durchbindung S7/S1) durch Elektrifizierung der Strecke ab 2029 in Aussicht gestellt.

Aus Sicht Remscheids ist es nicht hinnehmbar, bis in die dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts und auf das Auslaufen des derzeitigen Vertrages mit der F. Abellio mit der Elektrifizierung zu warten.

7.     Das im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigte, umfassende, neue Förderprogramm zur Elektrifizierung von Schienenverkehrsstrecken sowie zur Anschaffung von Fahrzeugen (Zeile 3474 – 3480 des Koalitionsvertrages) sollte Anlass sein, sich darum zu bemühen, in dem auch vom VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) vorgeschlagenen „Sonderprogramm zur Finanzierung von Elektrifizierungsvorhaben“ sich besser zu platzieren bzw. sich in ihnen zu verankern. Auch die beabsichtigten beiden neuen Haltepunkte auf der Eisenbahnstrecke Solingen – Remscheid – Wuppertal (Solingen Meigen und Remscheid Honsberg)  könnten durch eine (Teil-)Elektrifizierung der Strecke positiv gefördert werden, da die durch die Einrichtung neuer Haltepunkte bedingten Zeitverluste besser aufgefangen werden können. Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass in dem demnächst anstehenden Planungsverfahren für die Sanierung des Rauenthaler Tunnels zwischen Wuppertal-Oberbarmen und Ronsdorf die Belange einer angedachten Elektrifizierung in das Planfeststellungsverfahren rechtzeitig eingebracht werden.

8.     Es ist auch für Laien erkennbar, dass die Elektrifizierung der Strecke sicherlich nicht zu den einfachsten Projekten dieser Art zählen wird (Müngstener und Windfelener Brücke, diverse Tunnel und Unterführungen, bei deren Bau eine Elektrifizierung nicht bedacht worden war). Daher erscheint es zwingend, zu der bisherigen Oberleitungstechnik Alternativen zu suchen und zu prüfen.

Folgerichtig wäre es, bisherige (veraltete) Betriebs- /Investitionskostenrechnungen angesichts neuer verfügbarer Entwicklungen (batterieelektrische Fahrzeuge, seitliche Stromschienen etc.) zu überprüfen bzw. neu zu erstellen. Hierzu kann auch die  Expertise der diversen Lehrstühle der Universität Wuppertal sowie der Neuen Effizienz zu Rate gezogen werden.

gez.


Jens-Peter Nettekoven
Vorsitzender der CDU Ratsfraktion

 

Sven Wolf
Vorsitzender der SPD Ratsfraktion

Beatrice Schlieper

Sprecherin der Ratsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN

 

Fritz Beinersdorf

Fraktionsvorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKEN

 

Wolf Lüttinger

Vorsitzender der FDP Ratsgruppe

 

Waltraud Bodenstedt

Sprecherin der W.i.R. Ratsgruppe

 

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