Fast wie Tausendundeine Nacht

Kurz vor der Wahl ist in Remscheid offenbar alles möglich und bezahlbar

„Dafür, dass der Oberbürgermeister angeblich keinen Wahlkampf mag, ist er in den letzten Tagen ganz gehörig im Wahlkampfmodus. Ende letzter Woche erst gab er gemeinsam mit seinem Amtskollegen aus Solingen dem Orchester eine Garantie bis 2029 – wohl wissend, dass dies ohne Einbindung der beiden Stadträte gar nicht möglich ist. Und während über Jahre zum Verdruss vieler kein Fortschritt beim Großprojekt Neuenkamp erzielt werden konnte, wurde im Laufe dieser Woche der gordische Knoten scheinbar mit dem schönen Wort Förderketten zerschlagen.

Der OB ließ es sich nicht nehmen, öffentlichkeitswirksam einen vermeintlichen Erfolg zu verkaufen. Um die nötigen Fördergelder – also die eigentliche Krux der ganzen Sache – dürfen sich die beiden Remscheider Landtagsabgeordneten kümmern. Und zu guter Letzt verkündete der Nicht-Wahlkämpfer stolz, dass die Stadt in den nächsten Jahren 14 Millionen Euro in das Freibad Eschbachtal investieren kann. Es fehlt nur noch, dass kurz vor der Wahl mithilfe eines tollen und teuren Projekts neues Leben auf der Alleestraße einziehen soll, könnte man ironisch anmerken“, so die OB-Kandidatin der CDU Remscheid, Alexa Bell.

„Um es klar zu sagen: Bei allen diesen Themen gibt es keinen inhaltlichen Dissens mit der CDU. Sie entsprechen zu 100 Prozent unserer Programmatik, so dass man fast den Eindruck bekommt, die SPD arbeite sich kurz vor der Wahl an unserem Programm ab. Wir wundern uns nur, was in den letzten Tagen offensichtlich so alles möglich ist. Als Kulturpartei stehen wir selbstverständlich an der Seite des Orchesters. Aber statt öffentlichkeitswirksam ‚Garantien‘ abzugeben, die de facto ziemlich nichtig sind, hätten die beiden SPD-OB besser ein Konzept vorgelegt, wie wir in den nächsten Monaten und vielleicht sogar Jahren unter Corona-Bedingungen unsere Kulturlandschaft erhalten. Das erfordert nämlich neue und innovative Lösungen, vor allem, wenn Kultur im Herbst und Winter vor allem in geschlossenen Innenräumen stattfindet. Für eine gute Zukunft des Sportplatzes Neuenkamp kämpfen Elke Rühl im Südbezirk, unsere Sportpolitiker und unser sportaffiner Fraktionsvorsitzender Jens Nettekoven schon seit Jahren. Die angebliche Komplettlösung soll vor allem auf Kosten des Landes gehen. Henning Röser kommentiert das mit viel Tam-Tam verkündete Projekt denn auch zurecht kritisch: ‚Tatsächlich wurde zunächst aber nur ein sehr ambitionierter Plan präsentiert, der noch jede Menge Hürden nehmen muss und auch Risiken birgt. Dass Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) ihn dennoch in dieser frühen Phase mit so großem Bahnhof präsentierte, zeigt, dass der Wunsch nach positiven Botschaften im Rathaus so kurz vor der Kommunalwahl gerade besonders groß ist.‘ Wir würden uns über eine zufriedenstellende Lösung bei Neuenkamp sehr freuen. Aber wir sind zurückhaltend, was die Realisierungschance angeht“, so Bell.

„Dass wir das Freibad Eschbachtal auch ohne Fördergelder sanieren wollen, hat die CDU-Fraktion in einem Antrag gefordert, und das steht auch so in unserem Kommunalwahlprogramm. Schon deshalb freuen wir uns über gute Nachrichten hierzu. In einem alten Karnevals-Schlager von Jupp Schmitz heißt es. ‚Wer soll das bezahlen? Wer hat das bestellt? Wer hat so viel Pinkepinke? Wer hat so viel Geld?‘ Ich hoffe, dass wir die Antwort auf diese Fragen nicht erst nach der Wahl erfahren. Denn unsere Anfragen zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, die sich genau mit diesen Fragen beschäftigen, sind – welch Wunder – bisher noch unbeantwortet. Ist es Zufall, dass ausgerechnet zu unserer Anfrage zum Masterplan Corona und den Corona-Kosten sowie der Priorisierung von geplanten Großprojekten keine Mitteilungsvorlagen vorliegen? Es wäre schön, wenn all die guten Nachrichten der letzten Tage mehr wären als bloßes Wahlkampfgeklingel. Um dies überprüfen zu können, brauchen wir unbedingt Antworten auf unsere Anfragen. Denn das in unserer hochverschuldeten Stadt – auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise und der damit verbundenen Kosten – auf einmal scheinbar ALLES möglich ist, erscheint uns doch als zu schön um wahr zu sein. Hoffen wir mal im Interesse unserer Stadt, dass wir nicht alle demnächst unsanft auf dem harten Boden der Realität landen, wenn die Wahlen vorbei sind. Wenn Wahlkampf der einzige Grund dafür ist, dass sich in unserer Stadt was bewegt, weil sich der Amtsinhaber endlich mal bewegt, dann könnte von mir aus immer Wahlkampf sein. Denn im Gegensatz zum Amtsinhaber macht mir Wahlkampf viel Freude. Eine Demokratie ohne Wahlkampf funktioniert nicht. Wenn allerdings außerhalb von Wahlkämpfen nur verwaltet statt gestaltet wird, dann ist das ein Problem“, meint die CDU-Politikerin.

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